
Von Björn Tvätt
All military-age males in a strike zone – alle wehrfähigen Männer in der Kampfzone. Diese Verdachtsanalyse war für Drohnenoperatoren in der Grenzregion zwischen Afghanistan und Pakistan handlungsweisend, wenn es um den Abschuss von Raketen ging.
In den letzten Monaten überschlugen sich die Nachrichten zum Einsatz neuer Drohnentechnologie und Künstlicher Intelligenz (KI) in Kriegsgebieten. Kamikazedrohnen in der Luft und im Meer in der Ukraine, KI gestützte Zielauswahl für Bombardierungen im Jemen, Roboterhunde auf denen Mikrodrohnen landen können in Gaza. Vorbei scheint die jahrelange Debatte über die ethischen und moralischen Folgen von Kriegsrobotern. Mittlerweile scheint alles legitim im Kampf gegen das Böse, im Kampf gegen den Terror.
Spätestens seit dem 11. September 2001 und dem folgenden „Krieg gegen den Terror” ist kein Fleck des globalen Südens mehr sicher vor den Predator (Raubtier) und Reaper (Sensenmann) Killlerdrohnen der US-Armee. Auf der Jagd nach vermeintlichen Terrorist:innen existieren keine Grenzen. Schon 2013 operierten US-Spezialkräfte in 136 Ländern der Welt. Sicherlich wurden nicht immer Drohnen eingesetzt, genaue Zahlen existieren aber nicht. Oft bekennen sich die Urheber nicht mal zu diesen extralegalen Hinrichtungen. Verständlich, sind sie doch nach jeder internationalen Rechtsnorm höchst illegal. So kommt es auch, dass niemand genau sagen kann, wie viele Menschen bereits durch Drohnenangriffe getötet wurden. Sicher ist nur, dass es zehntausende sind, von denen ein nicht unwesentlicher Teil Zivilist:innen waren. Die Lüge von der Drohne als Präzisionswaffe hält sich aber weiter hartnäckig.
Doch dieser Krieg ist selbst für die mächtigste Armee der Welt nicht möglich, ohne eine Reihe williger Unterstützerstaaten – allen voran die Bundesrepublik Deutschland. Stuttgart beherbergt nicht nur die US-Kommandostrukturen für Afrika und Europa (einschließlich Russlands), sondern auch den zentralen Umschlagflughafen Rammstein, ohne den keine Einsätze im Nahen Osten möglich wären. Das heißt, alle größeren Konflikte in Europa, Afrika und dem Nahen Osten, in denen die USA direkt oder indirekt involviert sind, können nur stattfinden, weil es diese Infrastruktur in Deutschland gibt.
Auch wird weiterhin viel zu wenig beachtet, inwiefern deutsche Geheimdienste die notwendigen Informationen beschaffen und weitergeben, um den weltweiten Drohnenkrieg zu steuern.
Derweil bedeutet die „Zeitenwende” auch für die Bundeswehr als deutsche Interventionsarmee eine Bewaffnung mit israelischen Kampfdrohnen vom Typ Heron TP. Dabei wird es aber nicht bleiben, denn allen voran Branchenprimus Rheinmetall forciert die Entwicklung von neuen Drohnensystemen in der Luft, am Land und zu Wasser. Offen bleibt, gegen wen diese neuen Killerroboter schlussendlich eingesetzt werden und ob die Bundeswehr sich nun bewaffnet an der weltweiten, illegalen Menschenjagd beteiligen wird.
Festzustellen ist, dass die Hemmschwelle fürs Töten und Krieg führen durch diese Art der ferngesteuerten Waffen kontinuierlich sinkt, da kein menschlicher Einsatz notwendig ist. Im Drohnenkrieg sterben immer die anderen. Diese Form des Kriegs ist politisch lange durchzuhalten. Die Bevölkerungen Afghanistans, Somalias, Jemens, Syriens oder Libyens sind die ungehörten Zeugen.







